Unsere Petition – Bericht von der Übergabe im Rathaus

Am 22. Juni 2022 standen wir mit großem Transparent im Rathaus, um Herrn OB Horn und Herrn Baubürgermeister Haag die 2.641 Unterschriften unserer Petition zum Erhalt des Obergrün zu übergeben. Auch Mascha Klein für die Parents 4 Future und den BUND sowie Herr Stadtrat Winkler waren dabei.

Edith Barner verdeutlichte eindrucksvoll die essentielle Bedeutung des Obergrün für sie selbst und alle anderen ca. 80 Bewohner:innen des Max‐Mayer‐Hauses, eines Hauses für Betreutes Wohnen der Heiliggeistspitalstiftung in der Thannhauserstr. Sie sprach über die hohen Temperaturen in den Einzimmerwohnungen und dass für viele alte Menschen der lange Weg in den Seepark zu mühsam ist.

Janina Billian erinnerte an das Freiburger Klima‐ und Artenschutzmanifest, wonach Klimaschutz und der Erhalt biologischer Vielfalt „allerhöchste Priorität“ haben. Sie betonte die Bedeutung des grünen Offenlandes, der Hecken und Bäume für die Klimaanpassung und den Hochwasserschutz, des hohen Artenreichtums für die Biodiversität. Auch gelte es zu bedenken, dass gerade Studierende und andere Menschen mit schmalem Budget, die sich kein Häuschen im Grünen und keinen Garten leisten können, auf öffentlich zugängliches Grün angewiesen sind.

Es wurde offensichtlich, dass das Obergrün wichtige soziale Funktionen erfüllt. Besonders betonten wir die hohe Bedeutung des freien Spiels in der Natur für unsere Kinder. Im Obergrün wird Wissen und Wertschätzung für die Natur vermittelt, wie es etwa durch Medien, Wochenendausflüge oder Reisen nicht gelingt – und zwar quer durch die sozialen Schichten. Kinder und Jugendliche sind Multiplikatoren im Kampf gegen Klimawandel, Umweltverschmutzung, Flächenverbrauch und für eine intakte Bürgergesellschaft mit gesunder Beziehung zur Natur.

Multiple Krisen verlangen von uns eine Neujustierung und spätestens an roten Linien müssen wir stoppen. In Verwaltung und Rat müssen Uralt‐Beschlüsse wie die Bebauung Obergrün dringend auf den Prüfstand. Sie sind weder zeit‐ noch generationengerecht. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Freiburger Westen ja sowieso Neubauvorhaben für ca. 20.000 Menschen in Planung oder Umsetzung sind, steht die Entwertung dieser multifaktoriellen Fläche für gut 40 zumeist teure Wohneinheiten inklusive riesiger Tiefgarage in keinem Verhältnis. Daher der ausdrückliche Hinweis der IG, dass eine Neubewertung des initial bereits 2006 beschlossenen Vorhabens angezeigt ist und für die Verantwortlichen keineswegs ehrenrührig sein muss. Herr OB Horn dankte uns für unser Engagement und erwähnte anerkennend die Arbeit des Vereins Bauernhoftiere für Stadtkinder e. V. Wir sollten das Ganze auch global betrachten. Die Stadt mache alles richtig beim Bauen. Wo denn jede:r einzelne von uns wohne, im Eigentum? Sie? Und Sie? Ob wir denn schon einmal einen Blick auf den Wohnungsmarkt geworfen hätten? Im Umland sei der Flächenverbrauch fürs Wohnen viel höher! Ob wir auch zu denjenigen gehörten, die dagegen seien, höher zu bauen? Die Stadt müsse eben abwägen … Und wo wollen Sie denn die vielen ukrainischen Flüchtlinge unterbringen?!

Als ob es im Obergrün um „bezahlbaren“ Wohnraum ginge!

Der Meinungsaustausch verlief angespannt und als er nicht mehr fruchtbar erschien, setzten wir den Schlusspunkt, übergaben die 2.641 Petitionsunterschriften sowie unsere schöne Postkartensammlung und luden Herrn Horn mit Familie ins Obergrün ein.

Der Widerstand geht weiter.

Fakt ist: Wollen Stadt und Rat mit ihrer Prämisse, Klimaschutz und der Erhalt biologischer Vielfalt hätten „allerhöchste Priorität“, von der Bürgerschaft noch ernst genommen werden, verbietet sich jede weitere Bebauung des Obergrün – aufgrund seiner sozialen Funktionen sowieso.

Die Badische Zeitung berichtete ebenfalls…
und die Leserdiskussion dazu ist bereits im Gange.

https://www.badische-zeitung.de/wenig-chancen-fuer-obergruen–214289031.html

Ulrike Lüchtrath und Melanie Bruder aus Freiburg-Betzenhausen haben uns ihre in der BZ veröffentlichten Leserkommentare zur Verfügung gestellt:

Es geht um Schutz, nicht Vernichtung

Was ist am „Klimaschutz“ so schwer zu verstehen? Es geht um Schutz (!) von Landschaft, Menschen und Tieren. Um Grün, das vor allzu viel Betongrau geschützt werden sollte. Um Bäume und Pflanzen. Um so viele Tiere in, auf und über der Erde. Um Boden, der nicht versiegelt werden sollte, damit auch die Insekten leben können. Für Menschen und Vögel inzwischen lebensnotwendig. Damit das Klima uns nicht alle irgendwann zu Opfern werden lässt. Wir, die wir heute noch die Täter sind. Was hat Herr Haag so gründlich missverstanden, dass er angesichts der Vernichtung von Lebensraum zugunsten von Beton – BZ-Zitat: „doppelt so viele Wohneinheiten wie zu Beginn der Planungen vor sieben Jahren vorgesehen“ – zu sagen wagt, auch das sei Klimaschutz. Das ist mehr als zynisch. Und OB und Gemeinderat applaudieren. Sie haben es alle noch nicht verstanden: Unsere Welt ist bedroht und wir müssen das und uns ändern. Es geht um Schutz, nicht Vernichtung.
Ulrike Lüchtrath

Es wird kein bezahlbarere Wohnraum entstehen

Leserbrief zu „Wenig Chancen für Obergrün“ (BZ vom 25. Juni) und „Der Mundenhof dreht ein großes Rad“ (BZ vom 27. April).


 
Für mich ist es sehr unverständlich, wie die Stadtverwaltung und die Fraktionen im Gemeinderat so ignorant auf die Argumentationen im Bereich Obergrün reagieren. Klar, jedes neue Baugebiet ruft seit Jahren vor allem Gegner auf den Plan, die sich für Naturschutz, Grünflächenerhalt, et cetera einsetzen. Sie haben sicher die Nase voll von den immer wiederkehrenden Protesten, doch es lohnt sich, genauer hinzuschauen und den Mut zu haben, einmal gesetzte Meinungen zu hinterfragen oder auch zu revidieren. Sicher ist, es wird im Obergrün kein bezahlbarer Wohnraum entstehen. Die Reihenhäuser, die vermutlich zwischen 800 000 und 1 Million Euro kosten werden, werden sicher alle verkauft. Vermutlich auch recht schnell. Als „Generation Erben“ gibt es sicher die eine oder andere Familie, die sich das in Freiburg leisten kann.
 


Konträr dazu die Erweiterung des Mundenhofs. Ist das eine so kluge Entscheidung? Klaro, der neue Stadtteil Dietenbach braucht auch „Auslauf“ für die Bewohner, und der Mundenhof wird ja von jeher auch von weiter weg sehr gut besucht. Vielleicht doch mal Eintritt verlangen für Besucher von weiter weg – nur noch für Freiburger weiterhin freien Eintritt.
 


Wäre der Bauernhoftiere-Verein breiter aufgestellt, würde städtisch unterstützt werden wie der Abenteuerspielplatz in Weingarten und der Kinderabenteuerhof Vauban, hätte er vermutlich auch ein anderes Standing und würde in der Stadtverwaltung und im Gemeinderat anders gesehen werden. So ist er ein privater Verein, der zwar vorbildlich mit den umliegenden Institutionen zusammenarbeitet (Anne-Frank-Schule, Kindergarten „Fang die Maus“, …), tolle Arbeit leistet, aber doch irgendwie hauptsächlich nur nervt. Dann hat sich auch noch diese renitente IG Obergrün gegründet, noch mehr grüne Verrückte von nebenan. Wir haben gelernt: Bürgeranhörung ist eben nur eine Anhörung, Beteiligung ist nochmal was anderes, und Wünsche werden allseits bekannt sowieso maximal vom Weihnachtsmann erfüllt. Entscheidungen werden eben im Gemeinderat getroffen und da sollte man immer wieder genau hinschauen, für was die einzelnen Parteien denn mittlerweile wirklich noch stehen, und ob sich das grüne Mäntelchen nicht doch langsam umgefärbt hat.
Melanie Bruder