An die Gemeinderät:innen Freiburgs: Brandbrief zum Obergrün

Hitzekatastrophe! Es brennt! Nicht „nur“ in Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Albanien und Montenegro, der Ukraine, Türkei. Auch in Sachsen, Berlin und Brandenburg, in Karlsruhe, am Kandel und am Schauinsland: Feld‐ und Waldbrände. Schon 2018 bis 2020 erlebte Europa eine seit 250 Jahren beispiellose Hitze‐ und Trockenphase. In der Stadt ist der Hitzestress besonders für Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen und Kleinkinder gefährlich. Die grüne Umgebung kann nach Angaben einer Initiative von Helmholtz‐Zentren bis zu zehn Grad kühler sein.

Deshalb: Erhalten Sie die schnell erreichbaren grünen Rückzugsräume in der Stadt wie das Obergrün!

Artensterben, das stille Sterben: Jede dritte Art könnte vor dem Aussterben stehen, so eine neue wissenschaftliche Schätzung. Der Verlust an Lebensraum ist die größte Einzelursache für das Insektensterben. Viele Ausgleichsmaßnahmen funktionieren nicht. Nur 10 % der Eidechsen überleben ihre Umsiedlung!

Wasserkrisen: Im Ahrtal Fluten, Zerstörung und Verwüstung, Tod. Hier versiegende Quellen, Trinkwassermangel in Hofsgrund und St. Ulrich, Streit ums Grundwasser, verendende Fische in der Dreisam, knistertrockener Wald, sterbende Bäume. Grace‐Satellitendaten: Mittel‐ und Westeuropa hat weltweit am meisten Wasser verloren – Deutschland hat in den letzten 20 Jahren das Volumen des gesamten Bodensees verloren!

Kampf um die „Fläche“: Auch der letzte Innenhof wird bebaut, Kleingärten müssen weg, Landwirtschaft stört, Ausgleichsflächen werden übereinander gestapelt, all‐in‐one, man sucht sie in ganz Südbaden – jetzt auch auf Friedhöfen?

Armut: Jede sechste Person in Deutschland ist von Armut betroffen, so viele wie noch nie. Egal, ins Obergrün sollen wieder hochpreisige unbezahlbare Investor‐Wohnungen.

Viele haben es begriffen

UN‐Generalsekretär António Guterres im April zum neuen Bericht des Weltklimarats: „Es ist ein Dokument der Schande, ein Katalog der leeren Versprechen, die die Weichen klar in Richtung einer unbewohnbaren Erde stellen“. Die nächsten zwei bis drei Jahre entscheiden.
Umweltmedizinerin Claudia Traidl‐Hoffmann: „… diese Hitze, die wir gerade erleben, wird die neue Normalität … brauchen wir unbedingt grüne Städte mit einer hohen Artenvielfalt … Es geht um die Rettung der Erde für uns als Lebensgrundlage.“
UBA‐Präsident Dirk Messner: „Neben neuen Bäumen müssen wir vor allem den alten Baumbestand in den Städten schützen …“
Bundesbauministerium: Das neue Förderprogramm über 176 Mio. Euro zur Anpassung städtischer Räume an den Klimawandel soll Städte dabei unterstützen, ihre „grünen Freiräume“ zu schützen und auszubauen.
Dagegen Baubürgermeister Martin Haag bei der Unterschriftenübergabe der IG Obergrün: „Bauen im Obergrün ist Umweltschutz.“ Wie bitte???

Wir machen uns existenzielle Sorgen!

Sorgen, weil sich vor unseren Augen das Unbegreifliche ereignet: Die politischen Entscheider:innen,auch Sie, kennen den Auftrag der Wissenschaft, aber handeln nicht danach.
Sorgen um unsere natürlichen Lebensgrundlagen – hören Sie auf mit business as usual!
Sorgen angesichts unwiederbringlicher Verluste. Es geht um den Erhalt dessen, was noch intakt ist.
Sorgen, dass Sie falsch entscheiden, über UNSER Schicksal – dass Sie gegen das Leben entscheiden.

Das ist Ihnen zu emotional?

Ihre Entscheidung FÜR die Bebauung des Obergrün
> würde wertvollen Naherholungsraum im hoch verdichteten Betzenhausen zerstören,
> würde Offenland, Bäume, Wiesen, Hecken vernichten und die Kaltluftentstehung mindern,
> würde den Gemeinschaftsgarten und hochwertige Lebensräume für Pflanzen und Tiere zerstören,
> widerspräche den eigenen Beschlüssen zum Grünerhalt, zur Klimaanpassung, zum Erhalt der Biodiversität, zu ENTsiegelung,
> würde die besonderen Bedürfnisse älterer Mitbürger:innen missachten und
> würde die Rechte der Kinder auf freies Spiel in der Natur missachten.

Da sollen keine Emotionen entstehen?

Je mehr Bäume Sie fällen, je mehr Grün Sie versiegeln, je mehr Gebäude Sie hochziehen, desto heißer, unerträglicher und ungesünder wird die Stadt. Desto weniger Menschen wollen noch hier wohnen.

Bisher entscheiden Sie, als gäbe es keine existenziellen Krisen. In unser aller Verantwortung ist es aber, dass wir die Krisen wahr‐nehmen. Dass wir nicht wegschauen, sondern zugeben, dass sie wahr sind, dass sie unsere Wirklichkeit darstellen, dass sie NICHT vorübergehender Natur sind und dass sie Angst auslösen.

Haben Sie den Mut und revidieren Sie Uralt‐Beschlüsse, wenn sie bei grundlegend geänderten Rahmenbedingungen nicht mehr im Sinne des Gemeinwohls sind. Güterabwägung zulasten von Klima und Natur darf es nicht mehr geben. Auch Sie persönlich sind betroffen!

Von IHRER Entscheidung hängt es ab, ob wir unseren Kindern und Enkeln antworten müssen: „Ja, wir wussten alles, aber wir waren bequem, schwach und haben uns weggeduckt.“ Oder nicht.
Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. (Einstein)

Gegen jede weitere Bebauung im Obergrün!
Im August 2022, für die Interessengemeinschaft Obergrün
Janina Billian, Melanie Bruder, Nicole Glunk, Susanne Schlatter und Dr. Christiane Siebold

Mehr über den Hitzehotspot Freiburg-Betzenhausen gibt es hier.